Step 6


 

Nach den Prozessen kam dann die sogenannte Lichtarbeit und ich saß dann bei sehr greller Weißlichtbeleuchtung ( diese war ein nicht diskutierbarer Fakt, denn Günther lies da nicht mit sich verhandeln. Es sei zwingend erforderlich, damit die Menschen wach bleiben) in einem Kreis auf Matratzen zum Medizinritual.
Das bedeutete das es eine Minidosis Cannabis (manchmal auch andere Substanzen) zur oralen Einnahme angepriesen wurden, dazu kam eine Ansprache, anfangs immer durch Günther, später auch durch andere: „die Einnahme ist freiwillig und wer nicht möchte muss natürlich nichts nehmen. Doch die Erfahrung hat gezeigt, das es schwierig ist mitzuschwingen in der hohen Energie, wenn man selbst nichts nimmt.“

Aus heutiger Sicht gibt es für mich da genau ein Wort für :Manipulation!

Meine Perspektive dazu: es wird den Gästen suggeriert: „wenn du nix nimmst, bist du anders als wir und kannst nicht mitmachen.“ 

Ich hab am eigenen Leibe erfahren, welcher Druck da auf mir gelastet hat, wenn ich mein NEIN gesprochen habe. Was es für einen fremden Menschen, der als Gast in den Fokus aller in der Gruppe gesetzt wird, für ein Gefühl sein muss, kann ich nur erahnen. Auch bei Menschen die eine Vergangenheit mit Sucht hatten, war für mich kein Unterschied in der Intensität der motivierenden Worte zu hören.

Danach sangen alle zusammen Mantren, dazu tanzten wir. Die Musik wurde so gestaltet das sie sich hochspiralte und die Intensität immer stärker wurde. Mit dem verstummen der Mantren erschallte auch schon die elektronische Musik aus den Boxen. Jetzt ging es so richtig ab. Wilde Rhythmen, heiße Tänze, Gruppentanz, Zweier-, Dreier-Kontakttanz. Alles war von Günther durchgeplant. Er bespielte die ganze Nacht und meist stellte keiner der Gruppe irgendwas in Frage.

Überforderte Gäste wurden zum Mitmachen animiert und wenn das keine Wirkung zeigte, dann wurden sie am Rand stehen gelassen, oder in einen anderen Raum zum ausruhen oder schlafen gebracht. Auch hier stellte ich mich über diese Gäste, lachte darüber, war sogar genervt,sauer auf sie, weil sie „den Raum nieder schwingend machen“. Dafür spüre ich heute Scham in mir aufsteigen, denn das ist für mich keine gelebte Nächstenliebe.

Frauen wurden in die Mitte genommen und links und rechts tanzten Günther und ein anderer Mann die Frau an. Kein cm frei zwischen den Körpern. Auch ich habe solche Tanzkontakte mitgemacht.
Es war bei Menschen, die mir sympatisch waren, denen ich vertraute, oder zu denen ich eine Anziehung verspürte, ein sehr berauschendes Gefühl. Ich wurde begehrt, gesehen, umworben. Doch genauso stellte ich auch in anderen Kontakten mein Unbehagen ab, um nicht ins Fadenkreuz zu kommen. Im Fokus der ganzen Gruppe zu stehen und erklären zu sollen, warum ein Mann nicht für mich passt… undenkbar.


Alles wurde analysiert und auch diese Begegnungssituationen im Nachgang genau beleuchtet.
So war dann ganz schnell die Rede von Wiederständen, die es zu überwinden galt, um in seine Kraft zu kommen.
Heute sehe ich das anders. Ich hätte für mich einstehen können, NEIN sagen dürfen. Doch da war wieder die Angst, nicht dazu zu gehören, verurteilt zu werden, als zu schwach bewertet zu werden.

Kommentare

  1. Lasst uns durch den Wunsch von Verbundenheit und Zugehörigkeit unser Urteilsvermögen nicht täuschen🙏🏽

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